Frankreich
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Am 16. August 1944 löste ein Sabotageakt gegen eine Fabrik in Calais eine heftige Reaktion der deutschen Besatzungsmacht aus. Fünf junge Männer wurden verhaftet, gefoltert und heimlich in der Zitadelle hingerichtet. Ihre Grabstätte blieb bis 1947 unentdeckt.
Mitte August 1944, als sich die alliierten Truppen näherten, nahmen die Widerstandsaktionen im besetzten Calais an Intensität zu. Am 16. August drangen acht bewaffnete Personen in die Brampton-Fabrik ein, beschädigten die Telefonzentrale und setzten den Transformatorraum in Brand. Die Sabotage richtete sich gegen einen Industriekomplex, der sowohl den französischen als auch den deutschen Markt belieferte. Als Reaktion verschärfte die deutsche Feldgendarmerie die Sicherheitsmaßnahmen und verhängte eine strenge Ausgangssperre.
Mangels konkreter Hinweise leiteten die Gestapo und der Sicherheitsdienst der Kriegsmarine umfassende Ermittlungen ein. Die Verhöre führten zur Verhaftung von Jean Bodechon, Alfred Véron, Alfred Legros, Fernand Gouverneur und Roland Le Gal. Einige von ihnen hatten an der Sabotage der Fabrik teilgenommen, andere standen im Zusammenhang mit einem früheren Widerstandsakt – der Sabotage deutscher Lastwagen im März 1944. Trotz spärlicher Beweislage wurden unter Folter durch Oberfeldwebel Rudolph Herzog Geständnisse erpresst.
Robert Dérain, zunächst festgenommen, konnte aus dem Krankenhaus fliehen und tauchte später unter den Evakuierten während der Befreiung wieder auf. Ironischerweise erkannte er Herzog – getarnt mit einer Armbinde der Forces Françaises de l’Intérieur (FFI) – unter den fliehenden Zivilisten.
Die fünf jungen Männer aus Calais wurden von den deutschen Besatzern heimlich hingerichtet, ihr Schicksal blieb im Dunkeln. Nach der Befreiung der Stadt begaben sich ihre Familien auf die Suche nach Antworten. 1947 wurden die Ermittlungen mit Hilfe von Inspektor Paul Dagbert und dem ehemaligen SOE-Offizier Oberstleutnant Buckmaster wiederaufgenommen. Verhöre deutscher Kriegsgefangener – darunter Oberleutnant Albin Kellner – führten schließlich zur Entdeckung der Grabstätte in den Ruinen der Zitadelle.
Am 11. Oktober 1947 wurden die Leichen nach umfangreichen Ausgrabungen geborgen und anhand persönlicher Gegenstände identifiziert. Die Stadt Calais kündigte für den folgenden Tag eine öffentliche Gedenkfeier zu Ehren der ohne Gerichtsverfahren hingerichteten Widerstandskämpfer an.
Heute erinnert ein Gedenkstein in der Zitadelle an die Stelle, an der die fünf Männer verscharrt wurden. Jedes Jahr am 3. September ehrt Calais ihr Opfer mit einer Zeremonie an der Gedenkstätte und bewahrt so das Andenken an jene, die dem Widerstand ihr Leben widmeten.
Adresse
Av. Pierre de Coubertin, Calais, France