Niederlande
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In den Tagen vor der Befreiung vernichteten die deutschen Soldaten Dokumente und zerstörten militärische und andere Einrichtungen. Viele von ihnen versuchten, über Harlingen die „Festung Holland“ zu erreichen. In diesen Tagen war die Bewegungsfreiheit der Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt stark eingeschränkt.
In der Nacht von Freitag, den 13., auf Samstag, den 14. April 1945, verließen die in Harlingen stationierten deutschen Zollbeamten die Gebäude an der Voorstraat und am Zuidoostersingel, nachdem sie zuvor alle Papiere verbrannt hatten. Andere deutsche Einheiten folgten ihrem Beispiel und zogen ebenfalls über den Abschlussdeich oder per Schiff zur „Festung Holland“.
Am 14. April 1945 gab der amtierende Polizeikommandant, Oberleutnant P.A. Sanders, bekannt: „Auf Anordnung des örtlichen Kampfkommandanten wird bekannt gegeben, dass es verboten ist, sich ohne äußerste Notwendigkeit auf der Straße aufzuhalten. Stehenbleiben ist absolut verboten. Bei Zuwiderhandlung werden die Militärpatrouillen von den Waffen Gebrauch machen.“
Am selben Abend gab es zwei Opfer: den 24-jährigen Sijbren Kuiper und seine Frau Satske Kuiper-van Ingen. Als ihr Hund nach draußen entwischt war, gab Herr Kuiper seiner Frau zu verstehen, dass er sie anrufen würde, woraufhin er die Tür ihres kleinen Hauses in der Steenhouwersstraat öffnete. Die gegenüberliegende Nachbarin stand ebenfalls in der Tür, und es entwickelte sich ein angenehmes Gespräch. Saskia hatte sich ebenfalls zu ihnen gesellt und der Hund war inzwischen zurückgelaufen.
An der Ecke der Steenhouwersstraat stand ein bewaffneter Deutscher, und als Herr Kuiper seinen Kopf ein wenig zu weit aus der Tür steckte, wurde er tödlich getroffen. Seine Frau, die hinter ihm stand, wurde an der Stirn verletzt. Sie wurde von den deutschen Soldaten ins Krankenhaus gebracht und musste dort eine Nacht lang bleiben. Der kleine Säugling Baby Piet hingegen wurde mutterseelenallein in seinem Bettchen zurückgelassen.
In der Nacht nahmen die Nachbarn, die Familie Koster, den kleinen Piet aus seinem Bettchen und brachten ihn nach Hause.
Am Samstag, den 14., und Sonntag, den 15. April 1945, zog ein bunter Zug von deutschen Truppen und den mit ihnen geflohenen NSB-Mitgliedern (Nationalsozialitische Bewegung der Niederlande), Landwächtern und anderen Landesverrätern in Autos, mit Pferd und Wagen, mit dem Fahrrad oder zu Fuß durch Harlingen in Richtung des Abschlussdeiches. Dabei wurden auch Viehzüchter gezwungen, die Flüchtenden zu transportieren. Von den Viehzüchtern aus Dantumadeel ist bekannt, dass sie sie nicht weiter als bis Harlingen bringen mussten und dann nach Hause zurückkehren konnten. Den Anwohnerinnen und Anwohnern fiel auf, dass es sich bei den meisten um sehr junge Soldaten handelte.
Am Sonntag, den 15. April 1945, durfte sich niemand auf der Straße aufhalten. Nur zwischen 16.00 und 18.00 Uhr durften die Menschen einkaufen gehen. An diesem Tag begannen die noch in Harlingen verbliebenen deutschen Truppen mit den Zerstörungen. Dies wurde am nächsten Tag noch verstärkt. So wurden zum Beispiel die Brücken im Midlumer- und Kimswerderweg gesprengt.
Trotz des Ausgangsverbots begannen die Harlingerinnen und Harlinger, weil die Wehrmachtsoldaten dieses Verbot kaum durchsetzten, an mehreren Stellen von den Deutschen verlassene Gebäude zu plündern, wie z. B. das Kühlhaus, in dem eine Ladung Schweinefleisch gelagert war. Sie plünderten auch einen Güterzug mit mehr als 40 Käseladungen und befreiten den Tender der Lokomotive von großen Briketts. Dies war nicht ungefährlich, denn zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch etwa fünfhundert deutsche Soldaten in Harlingen.
Adresse
Steenhouwersstraat, Harlingen, Nederland